Geodätisches Observatorium Wettzell

Ganz versteckt im Bad Kötztinger Ortsteil Wettzell liegt eine Forschungseinrichtung, die es in sich hat. Von der Straße aus sieht man vielleicht die große Parabolantenne. Ansonsten liegt die Station relativ weit weg von stark befahrenen Straßen und Industriegebieten. Das hat auch einen guten Grund. Dort werden nämlich hochpräzise Messeinrichtungen betrieben. Doch der Reihe nach.

Was wird eigentlich im Geodätisches Observatorium Wettzell gemacht? Laut Wikipedia ist Geodäsie die Wissenschaft von der Ausmessung und Abbildung der Erdoberfläche. In Wettzell wird Satellitengeodäsie und Kosmische Geodäsie betrieben. Die Erdoberfläche wird also mittels Satelliten und mittels kosmischer Objekte vermessen.

Die Frage ist, wofür man das eigentlich braucht. Die meisten von uns haben schon einmal Daten aus Wettzell benutzt, nämlich bei der Satellitennavigation. Das Navi im Auto kann nun dann zuverlässig funktionieren, wenn die Abmessungen der Erdoberfläche in hinreichender Genauigkeit bekannt sind.

Es gibt noch viele andere Anwendungsgebiete. Zum Beispiel sind sehr genaue Daten notwendig, um die Kontinentaldrift zu untersuchen, die ja meist nur wenige Zentimeter im Jahr beträgt.

Um die Form und die Abmessung der Erdoberfläche zu bestimmen und die Veränderungen zu beobachten gibt es weltweit 12 so genannte Fundamentalstationen. Eine davon ist Wettzell. Die Lage der Fundamentalstationen zueinander wird ständig überwacht und neu vermessen. Dazu werden mit einem Radioteleskop Quasare beobachtet. Das Radioteleskop ist übrigens die große Parabolantenne, die man von der Straße aus sieht.

Quasare sind sehr weit entfernte Galaxien. Deren Kern besteht aus einem schwarzen Loch, das von einer Scheibe aus leuchtender Materie umgeben ist. Dadurch scheint das Objekt wie ein Stern. Das Besondere an Quasaren ist, dass sie viel Energie im Wellenlängenbereich von Radiostrahlung aussenden. Die Strahlung ist nicht kontinuierlich sondern enthält unregelmäßige Muster. Wenn nun zwei Fundamentalstatonen unterschiedlich weit vom Quasar entfernt sind, dann empfangen sie ein bestimmtes Muster ein wenig zeitlich versetzt. Aus mehreren solchen Messungen kann letztlich die Entfernung der beiden Fundamentalstationen zueinander bestimmt werden.

Außerdem wird in Wettzell auch die Geschwindigkeit der Erdrotation beobachtet. Wie diese gemessen wird ist wirklich spektakulär. Das ist aber ein Thema für einen anderen Beitrag hier im Blog.

Im Geodätischen Observatorium werden regelmäßig Vorträge gehalten, die jeder Interessierte besuchen kann.Organisiert werden diese Veranstaltungen vom Förderverein Geodätisches Informationszentrum (GIZ).

Zu einem eher symbolischen Eintrittspreis von 2 Euro kann man wirklich hochrangigen Wissenschaftlern lauschen. Die Themen drehen sich dabei um Erdfernerkundung, Satellitennavigation, Geodäsie, Geologie und angrenzende Gebiete. Gestern hielt beispielsweise Dr. Malte Westerhaus einen Vortrag über Erdfernerkundung durch SAR-Interferometrie. Als ich die Ankündigung in der Zeitung gelesen hatte, war ich zunächst nicht so begeistert. Das Thema klang ein wenig trocken. Doch ich hatte mich gewaltig getäuscht. In seinem spannenden Vortrag erklärte er zunächst anschaulich das Grundprinzip der SAR-Interferometrie. Dann ging es um die Satelliten, die mit diesem Verfahren die Erde erkunden. Zum Schluss ging Westerhaus ausführlich auf die praktische Nutzung der Daten ein. Er zeigte unter anderen die Nutzung der Daten an mehreren Beispielen und ging ausführlich auf die Auswirkungen der Erdölförderung und eines Geothermie-Kraftwerkes in seiner Heimatstadt Landau ein. Das war wirklich spannend.

Die nächste Veranstaltung findet am 25. November um 20.00 Uhr statt. Diesmal ist das Wallfahrtsmuseum in Neukirchen b. Hl. But der Veranstaltungsort. Thema: „Wir sind alle Sternenstaub – das Wunder der Kosmischen Evolution“ Den Vortrag wird Dr. Andreas Segerer von der Sternwarte Regensburg halten.

Der Termin ist schon dick in meinem Kalender eingetragen.

Bildquelle: „Geodetic Observatory Wettzell“ von H. Raab (User:Vesta) – Eigenes Werk. Lizenziert unter CC BY-SA 3.0 über Wikimedia Commons – https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Geodetic_Observatory_Wettzell.jpg#/media/File:Geodetic_Observatory_Wettzell.jpg